Dezember 2016

Die Universität Mainz und die Universität Kiel haben die ersten Ergebnisse von ihrer Begehung des Rungholt-Gebietes veröffentlicht. Es deuten sich die alten Deichstrukturen an. Der Deich scheint dort zu verlaufen, wo Andreas Busch ihn eingezeichnet hat. Auch die beiden Schleusen sind im Diagramm zu erkennen. Leichte Störungen im Bild könnten auf eine Holzstruktur im Boden im Bereich des vermuteten Hafens hindeuten. Im nächsten Jahr gehen die Untersuchungen weiter.  

November 2016

Die DNA- Analyse zu dem Phänotypus des Rungholters ist da. Unser Rungholter ist mit einer Wahrscheinlichkeit von über 80% blond und blauäugig gewesen. Wir müssen die Rekonstruktion also nicht abändern. Momentan versuchen die Wissenschaftler aus Kiel gerade noch rauszufinden, wo er wirklich herkam und an welchen Krankheiten er litt. Der Prozess wird sich noch einige Wochen hinziehen, aber hier werden nach Abschluss der Ausstellung weiterhin aktuelle Ergebnisse veröffentlicht.  

Juni 2016

Am 17. Juni kamen endlich die Ergebnisse der C14-Datierung unseres "Rungholters". Zu einer Wahrscheinlichkeit von 95,4% liegt sein Sterbedatum in der Periode zwischen 1275 bis 1388. Die Wahrscheinlichkeit, dass er zwischen 1275 und 1310 verstarb liegt bei 64,2%. Zu 31,2% lag sein Todeszeitpunkt zwischen 1360 und 1388. Wir haben es hier also tatsächlich mit einem Rungholter zu tun. Ob er bei der Sturmflut 1362 oder vielleicht schon zuvor an einer Krankheit gestorben ist, werden mit etwas Glück die weiteren Analysen zeigen. Doch die Daten scheinen dafür zu sprechen, dass er tatsächlich bei der Sturmflut verstarb.  

Mai 2016

Viele Monate vor seinem Tod entdeckte Prof. Dr. Jürgen Newig die Bodenkarte von Südfall. Kurt Siem hatte in dieser Karte bereits 1980 verschiedene Erdschichten um Südfall kartiert. Auf dieser Karte, die Herr Newig damals betrachtete sah er wie weit sich das Gebiet des Kulturbodens und der Kulturspuren in den nördlichen Bereich der Hallig Südfall zog. Neig sah darin den Beweis, dass der Flecken Rungholt sehr viel größer war als bisher angenommen. Im Zuge der Ausstellung haben Dr. Philip Lüth und Tanja Brümmer alle bisher bekannten Rungholt-Funde kartiert. Heute sieht man deutlich, dass die Dichte der aufgefunden Objekte speziell nördlich der Hallig Südfall zu finden sind. Die Theorie von Herrn Newig scheint bestätigt. Die Fundkarte im NordseeMuseum spiegelt diese Theorie wider und bestärkt sie. 

April 2016

Auf Rungholt wurden Gefäße der sogenannten spanisch-maurischen Lüsterkeramik aufgefunden. Diese Lüsterkeramik zeichnet sich zum einem durch einen speziellen Brandverfahren, sowie einer Goldglasur aus.

 

Die spanisch-islamische Lüsterkeramik war im Mittelmeerraum weit verbreitet. Archäologen konnten sie für Sardinien, Libanon, Italien, Israel, Türkei und Ägypten belegen. Die Krüge stammen vermutlich aus Malaga, wie die Werkstattmarke (mālaqī - aus Málaga) im Fuß des Eiderstedter Kruges zeigt. Nur der Husumer Krug deutet mit seiner abweichende Fußform auf eine andere Produktionsstätte. Infrage könnte die Region um Valencia kommen, die seinerzeit ebenfalls für die Herstellung von Lüsterkeramik bekannt war. Die Krüge sind

sicherlich über den Seeweg in den Norden gelangt. Der Landweg galt im Mittelalter als unsicher und beschwerlich. Auch die Lage der aufgefundenen Lüsterkeramiken in den Küstenstädten des Nord- Ostseegebietes spricht für diese These. Die Handelsschiffe segelten damals von Málaga und später von Valencia aus nach England und Flandern. An der flandrischen Küste liefen die Schiffe im 14. Jahrhundert

vor allem den Brügger Vorhafen Sluis an. Brügge galt als Stapelplatz für Keramik aus Valencia. Zwischen Flandern und Friesland mit der Edomsharde, sowie den Hansestädten bestanden gute Handelsverbindungen. Davon zeugen Handelsverträge zwischen der Edomsharde , Hamburg und Brügge. Ob die Krüge als Teil einer Handelsladung oder als persönliches Geschenk eines wohlhabenden Kauffahrers, etwa an einen Geschäftsfreund, in das Rungholt-Gebiet gekommen sind, wissen wir nicht. Vielleicht wurden diese Gefäße

in einem privaten Haushalt verwendet oder auch einen kirchlichen Gebrauch zugeführt. Die englischen Funde aus dem 14. Jahrhundert wurden ausschließlich in dem höfischen Bereich verbundenen Gebäuden gemacht. Für Friesland und dem Rungholt-Gebiet kommen sicher auch nur vermögende Besitzer infrage. Auch

Fundumstände des Eiderstedter Kruges mit vergesellschafteter Importkeramik deuten darauf hin. Welche Wertschätzung diesen Gefäßen entgegengebracht wurde zeigt eindrucksvoll die untere Hälfte eines Kruges aus Nordstrand. Die Oberkante des offensichtlich zerbrochenen Gefäßes wurde sorgfältig abgeschliffen, so dass es nun als Becher fungieren konnte. Heute ist der ursprüngliche Glanz dieser Gefäße kaum noch zu erahnen. Durch die Lagerung im Wattboden hat sich die Glasur schwärzlich verfärbt, die blaue Bemalung ist aschgrau geworden und die Lüsterbemalung ist nur noch bei bestimmtem Lichteinfall zu sehen. Die

Rekonstruktion des Husumer Kruges zeigt deutlich den prächtigen Glanz – mit leuchtend weißer Glasur, bemalt in schönem Kobaltblau und goldglänzend schimmerndem Lüster, den diese Gefäße ausstrahlten.

 

Heute bekamen wir die Bilder der Rekonstruktion des Husumer Kruges. Zunächst wurde der Krug aus der Ausstellung vermessen und skizziert. Im Laufe der Anfertigung der Skizze kamen immer mehr Details zum Vorschein, die vorher nicht offensichtlich waren. Danach konnte die Keramikerin Elke Strietzel die Krug formen, brennen und bemalen.

Januar 2016

Im Januar kam die Zusage der Friede-Springer Stiftung die wissenschafltichen Untersuchungen der Menschen von rungholt maßgeblich zu unterstützen. Dafür werden in den kommenden Wochen die menschlichen Überreste in ein DNA-Labor gegeben. aDNA-Analysen und Altersbestimmungen werden durchgeführt. Die Ergebnisse werden wir hier veröffentlichen. Mit Hilfe der Bürger möchte der Museumsverbund Nordfriesland zu dem mit der Gerichtsmedizinerin Constanze Niess und der Europa-Universität Flensburg den Schädel K4064 eine Gesichtsrekonstruktion angedeihen lassen. Es wird das erste mal seit vielen Jahrhunderten sein, dass wir einem Rungholter in die Augen blicken können.

Oktober 2015

Im Oktober wurden Proben von der sogenannten Rungholtschleuse genommen und an zwei unabhängige Labore gegeben. Dabei wurden jeweils zwei Proben zur Untersuchung übergeben. Das Gutachten des Berliner Labors ist eindeutig. Die erste Probe konnte der geringen Anzahl von Jahresringen nicht identifiziert werden. Die zweite Probe hingegen konnte klar einer Zeit zugeordnet werden. Die Probe der Schleuse stammt aus dem 14. Jhr. Die Eiche, die für den Bau der Schleuse genutzt wurde fing an 1269 zu wachsen das Wachstumsende war 1331. Da eine Grenze zwischen Kern- und Splintholz nicht erkennen ist, wurden für das Fälldatum 20 Jahre aufgeschlagen. Das entspricht also einer Nutzungszeit von max. 1351-1362. Die Untersuchung des Labors beruht auf Regionalchronologien für die entsprechende Holzart.

Juli 2015

Im Juli diesen Jahres wurde ein anthropologisches Kurzgutachten in Auftrag gegeben. Der zu untersuchende Schädel wurde dafür in das Institut für Ur- und Frühgeschichte der CAU Kiel gebracht. Der Schädel (K4064), der aus der Sammlung des Nissenhaus stammt, konnte so einwandfrei zugeordnet werden. Das Gutachten ergab, dass es sich bei den menschlichen Überresten um einen Mann mittleren Alters handelte. Für die Altersbestimmung wurden dabei Entwicklungsstand und Abnutzungszustand des Gebisses, sowie der Verwachsungsgrad der cranialen und maxillaren Suturen herangezogen. Dabei handel es sich um die Schädelnähte und die Verwachsungen des Oberkiefers. Sein Alter wurde auf 30-40 Jahre geschätzt. Auffällig an dem Schädel sind starke Muskelansätze und sowie eine kräftige Kinnpartie. Die Zähne zeigen auf den Zahnkronen sogenannte transversal verlaufenden Rillen. Diese Rillen entstehen während der Zahnentwicklung und können stressbedingt sein. Dieser Stress kann sowohl auf Krankheit als auch auf die Ernährung zurückgeführt werden. Diese Rillen tauchen in unterschiedlicher Ausprägung an den Zähnen auf und sind während der Kindheit des Rungholters entstanden.    

2012

Bereits 2012 wurde von der Uni Mainz ein DFG Projekt mit dem Schwerpunkt 1630 initiiert. Ziel war es mittelalterliche Häfen von der Römischen Kaiserzeit bis zum Mittelalter zu untersuchen. Prof. Dr. Jürgen Newig war mit beteiligt an diesem Projekt und dankenswerter Weise wurde Rungholt als mittelalterliche Hafen in das zu untersuchende Gebiet aufgenommen.  

Folgende wissenschaftliche Einschätzung des Gebietes entstammt der offiziellen Internetseite des DFG Projektes (http://www.spp-haefen.de/de/die-projekte/der-handelsplatz-rungholt-nordfriesland/):


Geoarchäologische Untersuchungen zu Häfen des 12. und 13. Jahrhunderts entlang der Hever (Nordfriesland) ausgehend vom Handelsplatz Rungholt


Als Grenzbereich zwischen glazial geformter Geest, holozänen Mooren und Marschen sowie gezeiten-geprägten Wattflächen stellt die Küstenregion Nordfrieslands einen geomorphologisch hoch dynamischen Naturraum dar. Wie kaum ein anderer Küstenraum ist er seit dem mittleren Holozän und insbesondere in historischer Zeit sowohl stetigen als auch abrupten Umweltveränderungen, beispielsweise durch den steigenden Meeresspiegel und Stürme, ausgesetzt. Durch den einsetzenden Deichbau und die Gewinnung sowie Urbarmachung weiter Landflächen unterlagen die Küstenregionen Nordfrieslands etwa ab dem 11. Jh. auch großräumigen geomorphologischen Umwälzungen. Zusätzlich führte die weiträumige Bedeichung der Küste zu einer beträchtlichen Vergrößerung des Tidenhubs.

Paläogeographische Veränderungen in Küstenregionen wirken sich insbesondere auf Hafenstandorte aus. Bereits im frühen Mittelalter (bis in das 11. Jh.) war der nordfriesische Küstenraum in ein Netz überregionaler Seehandelsbeziehungen zwischen Nord- und Ostseeraum eingebunden. Während sich frühmittelalterliche Siedlungen zumeist auf Geestrandlagen oder Warften konzentrierten, bot die großflächige Gewinnung eingedeichten Kulturlands ab dem 12. und 13. Jh. das Potential einer Etablierung neuer seewärtiger Siedlungs- aber auch Handelsstandorte an einer bis dahin schwer zugänglichen Küste.  Zwar war die Schiffbarkeit an den Geestrand reichender Gezeitenrinnen bei Niedrigwasser eingeschränkt, das auflaufende Hochwasser ermöglichte den Schiffen jedoch die Zufahrt von der Nordsee bis weit in die Küstenmarschen hinein. 

Während frühmittelalterliche Hafenstandorte bereits Gegenstand intensiver aktueller Forschung zu (See-)Handelsstrukturen im deutschen Nordseeraum sind, liegen für den Zeitraum flächenhafter Kulturlandgewinnung im 12. und 13. Jh. bislang nur wenige gut dokumentierte Befunde zu Hafenanlagen und/oder Seehandelsaktivitäten in Nordfriesland vor (z.B. List auf). Eine offene und bisher in der Wissenschaft wenig aufgegriffene grundsätzliche Frage ist daher jene nach der Existenz, Entwicklung und Bedeutung (über-)regionaler hochmittelalterlicher Handelshäfen im nordfriesischen Raum. Zwar existieren neben kartographischen und vereinzelt auch archäologischen Belegen insbesondere historische Daten zu (über-)regional agierenden nordfriesischen Hafenstandorten des 12. und 13. Jh.

Dezidierte geoarchäologische Kenntnisse zu deren Lage, Bedeutung und Einbindung in die Paläoumwelt fehlen jedoch weitestgehend. Als mögliche Ursache hierfür können die verheerenden Auswirkungen hoch- und spätmittelalterlicher Sturmfluten an der nordfriesischen Küste gesehen werden. Erreichten die Marschgebiete Nordfrieslands zu Beginn des 14. Jh. ihre maximale Ausdehnung, führten die 1. Grote Mandränke im Jahr 1362 und weitere schwere Sturmfluten zu massiven Landverlusten. Das im 12. und 13. Jh. gewonnene Kulturland und darin etablierte Siedlungen wurden in weiten Teilen wieder in tidengeprägte Wattgebiete umgewandelt und gingen verloren. Bei der Detektion und Rekonstruktion potentieller Hafenstandorte nehmen daher Flächen ehemaligen Kulturlands im Bereich heutiger Wattgebiete eine Schlüsselstellung ein. Infolge der heute eingeschränkt zugänglichen Lage im Wattenmeer und der schwierigen Arbeitsbedingungen unter Gezeiteneinfluss fanden Handelssiedlungen des 12. und 13. Jh. sowie zugehörige Hafenanlagen im Gebiet der ehemaligen nordfriesischen Marschflächen bisher kaum Berücksichtigung. Infolge der spätmittelalterlichen Landverluste besteht diesbezüglich also eine deutliche Forschungslücke.

Mit der Eindeichung großer Marschgebiete im südlichen Nordfriesland scheint auch die Gezeitenrinne des Hever-Stroms ab dem Hochmittelalter als schiffbarer Verkehrsweg und Handelsroute zwischen Nord-see, Marschen und Geest gedient zu haben. Der nordwestlich des RUNGHOLT-Projekt-Gebietes gelegene Bereich der Norderhever war bereits in den 1980er Jahren Gegenstand übergeordneter naturräumlich-historischer Untersuchungen. Die zentrale Bedeutung der Hever für die angrenzenden Gebiete kommt bis heute in vielen Ortsnamen, Flur- und Gewässerbezeichnungen zum Ausdruck. Einen engen regionalen Bezug zur Nordsee drückt schon der Begriff Hever (fries.: Meer, Wattenmeer) aus. Ein weiteres Indiz intensiver Seehandelsbeziehungen ist die im Mündungsbereich gelegene und teils aus importierten Tuffsteinen errichtete Alte Kirche Pellworms, deren ursprünglich wohl 52 m hoher Turm etwa seit dem ausgehenden 13. Jh. als markantes Seezeichen die Einfahrt in die Hever kennzeichnete. Weitere kartographische und historische Hinweise untermauern die Idee eines im Gebiet der Hever im 12. und 13. Jh. etablierten (über-)regionalen Seehandels. So verzeichnet die von MEJER (1652) für das 13. Jh. erstellte Karte Nordfrieslands neben kleineren, als Anlegestelle geeigneten Seitenarmen der Hever auch mehrere teils über Schleusensituationen angebundene Binnengewässer, die als mögliche Hafenstandorte in Frage kommen. Ebenso wie in anderen Gebieten Nordfrieslands fehlen jedoch auch hier dezidierte geoarchäologische Befunde zu Hafenstandorten und auch  -anlagen.

 

Das Projekt fokussiert daher drei ausgewählte potentielle Hafenstandorte entlang der als Entwicklungsachse betrachteten Hever: den Handelsort Rungholt (Hallig Südfall), die Trendermarsch (Nordstrand) sowie die Mildeburg (Mildstedt). Alle drei Standorte unterliegen zwar denselben paläogeographischen, beispielsweise durch Meeresspiegelfluktuationen bedingten Küstenveränderungen. Aufgrund der individuellen topographischen Lage sind jedoch unterschiedliche Auswirkungen zu erwarten. Die ausgewählten Hafenstandorte sind daher bestens geeignet, Aufschlüsse über die komplexe Mensch-Umwelt-Wechselwirkung an der Schnittstelle von Land und Meer zu liefern.

Das RUNGHOLT-Projekt zielt somit auf die küstengeomorphologische und geoarchäologische Erfassung und Untersuchung von Hafenanlagen des 12. und 13. Jh. n. Chr. im Gebiet der Hever (Nordfriesland) ab, für deren Lage, Nutzung und infrastrukturelle Anbindung bislang ausschließlich historische, kartographische und archäologische Hinweise vorliegen. Die Untersuchungen sollen dabei größtenteils im Bereich früherer Kulturlandschaftsräume, die heute im Wattenmeer liegen, durchgeführt werden. Im Rahmen des Projekts sollen erstmalig detaillierte geophysikalische, sedimentologische, paläogeographische und geoarchäologische Untersuchungen belastbare Belege für ausgewählte Hafenstandorte erbringen und eine Rekonstruktion der Paläoküstenlandschaft unter Berücksichtigung von Meeresspiegelveränderungen und Sturmflutereignissen im Kontext früher nordfriesischer Landgewinnungsmaßnahmen erlauben.